von Lucie Deroubaix / Foto (c) Wolfgang Dietzsche / dietzsche.eu
"Die Höhle, die Sie zu betreten fürchten, enthält den Schatz, den Sie suchen.” Dieser Satz stammt von Joseph Campbell, einem 1987 verstorbenen Professor der Mythologie, und er beschreibt genau, was viele junge Menschen erleben, wenn sie ein Jahr deutsch-französische Freiwilligenarbeit absolvieren. Zu Beginn ist die Aufregung vor dem Unbekannten groß, aber im Laufe der Freiwilligenarbeit wachsen viele über sich selbst hinaus, und zwar jede Person auf ihre ganz eigene Art und Weise. Yomara, 24 Jahre alt und französisch-bolivianische Wurzeln, erzählt von ihrem Freiwilligenjahr, was sie für das Deutsch-Französische Jugendwerk in einer Schule im deutschen Frankenthal verbracht hat: "Das Jahr der Freiwilligenarbeit hat mich die Freude am Unterrichten entdecken lassen und den positiven Einfluss, den man auf die Zukunft der Kinder haben kann.” Nur durch das Freiwilligenjahr wurde es Yomara ermöglicht, sich für ihr Master-Fach endgültig zu entscheiden. “Es war dieses Jahr der Freiwilligenarbeit, das meine Vision von Europa wirklich prägte und mir half zu verstehen, wie wichtig es ist, politische Maßnahmen zu fördern, die die Ausbildung junger Menschen auf allen Ebenen verbessern.” Interkultureller Horizont und Unterstützung bei der Auswahl des zukünftigen Bildungsweges sind zwei wesentliche Aspekte, die in einem Freiwilligenjahr gefördert werden. Rabea, 24 Jahre alt, aus Deutschland leistet derzeit ihren Freiwilligendienst im Deutsch-Französischen Kulturzentrum in Nantes und ist damit eine der wenigen Deutschen, die sich auf den französischen Zivildienst beworben haben. Ihr Auftrag: Förderung der deutsch-französischen Beziehungen: "Der Freiwilligendienst im Deutsch-Französischen Kulturzentrum in Nantes gibt mir die Gelegenheit, in die französische Sprache und Kultur einzutauchen, nicht nur die Unterschiede, sondern vor allem auch die Gemeinsamkeiten zwischen unseren beiden Ländern zu entdecken.”, sagt Rabea. “Indem ich aktiv daran teilhabe, ist das Deutsch-Französische für mich ein wesentlicher Bestandteil des Alltags geworden, auf den ich nicht verzichten möchte.” Ein drittes Beispiel für den wichtigen Einfluss, den Freiwilligenarbeit für junge Menschen haben kann, ist Clément, der im Jahr 2015 bereits einen 6-monatigen Freiwilligendienst im Maison de l'Europe in Rennes und in der Haute-Bretagne geleistet hat. Heute erinnert er sich: "Während meines Freiwilligendienstes hatte ich die Gelegenheit, in den Schulen Workshops zum Thema Europa zu leiten, den Newsletter zu schreiben, Flyer zu produzieren und Blätter zu europäischen Förderprogrammen zu verfassen.”
Jugendliche wie Yomara, Rabea und Clément scheinen sich einig zu sein: Ihre Erfahrung hat den Verlauf ihres Lebens verändert. Wie aus ihren Berichten hervorgeht, haben viele von ihnen im Bildungsbereich einen bürgerschaftlichen Dienst geleistet: Mehrsprachigkeit, Interkulturalität oder Bewusstsein für europäische Themen. Sie kehren so begeistert von ihrem Frewilligendienst zurück, dass sie begierig darauf sind, ihre Erfahrungen zu teilen. Wie aber kann man jungen Menschen den Einstieg in solche Programme erleichtern, also die dunkle Höhle bisschen erleuchten, damit noch mehr junge Menschen den Mut aufbringen nach ihrem persönlichen Schatz zu suchen? Die Finanzierung eines Freiwilligendienstes, die Anpassung an die aktuelle Gesundheitssituation, der Abbau sozialer und emotionaler Hindernisse – das alles sind unsichtbare Mauern, und je niedriger der Bildungshintergrund und die finanziellen Möglichkeiten der eigenen Familie sind, desto geringer die Chance, dass ein Jugendlicher an einem Freiwilligenprogramm teilnimmt. Ein EU-weiter Freiwilligendienst für alle jungen Menschen, für den man sich niedrigschwellig bewerben kann und der fair bezahlt ist, wäre ein konsequenter nächster Schritt, nicht nur die deutsch-französischen sondern sogar die gesamteuropäischen Beziehungen auszubauen. Denn da draußen gibt es noch eine Menge Schätze zu heben.