von Teilnehmerin Yomara. Foto (c) Wolfgang Dietze / dietze.eu
"Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt" wusste schon Ludwig Wittgenstein, ein Philosoph der Sprache. Mein Name ist Yomara und ich wurde in Bolivien geboren. Meine Muttersprache ist Spanisch und meine zweite Sprache ist Französisch, das ich im Alter von vierzehn Jahren gelernt habe, als ich in La Paz, meiner Geburtsstadt, in ein französisches Gymnasium ging. Diese Lernerfahrung war alles andere als "klassisch", sondern ich habe die französische Sprache durch Immersion gelernt, ohne extra Kurse zu besuchen. Learning by doing. Ins kalte Wasser geworfen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass sich dies zu meinen Gunsten ausgewirkt hat. Dank dieser Erfahrung konnte ich neue Ansätze für das Sprachenlernen erforschen. Danach habe ich noch Englisch, Portugiesisch, Italienisch und teilweise Deutsch gelernt, und zwar immer mit Hilfe von Französisch! Hier deshalb meine Top 5: Die wichtigsten Ratschläge, die ich jedem von euch mitgeben kann, um eine neue Sprache zu erlernen.
1. Wissenswertes
Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass eine Sprache nicht nur ein Kommunikationsmittel darstellt. Sie ist auch ein System von Überzeugungen und Werten, also eine Weltanschauung, die sich völlig von unserer eigenen unterscheiden. Als solche sollten wir uns für die "Fun Facts" der Zielsprache interessieren: Was sind ihre Besonderheiten? Gibt es Wörter in der Zielsprache, die es in meiner Muttersprache nicht gibt? Habt ihr schon einmal eine immense Freude in Erwartung eines nahenden Ereignisses gespürt? Wie nennt man dieses Gefühl? Im Deutschen heisst sie "Vorfreude". Und dieser Wunsch nach einem Tapetenwechsel, nach Entdeckungen, nach Reisen? Vielleicht haben Sie es während des Lockdown gespürt. Auch dafür hat das Deutsche ein Wort. Es heißt "Fernweh".
2. Musik
Es gibt nichts Besseres als ein schönes Lied, um die Klänge einer neuen Sprache zu würdigen. Mir persönlich macht es seit meiner Jugend Spaß, nach den Texten von Liedern zu suchen, die meine Aufmerksamkeit erregen. Dann höre ich mir das fragliche Lied immer und immer wieder an, lese den Text und versuche, ihn auswendig zu lernen. Das Erlernen von Sprachen durch Musik ermöglicht es uns nicht nur, unsere Sensibilität für diese uns vielleicht unbekannten Klänge zu entwickeln, sondern es ermöglicht uns auch, neue Wendungen zu entdecken und dadurch den eigenen Ausdruck zu verbessern
3. YouTube
Wir haben die unglaubliche Möglichkeit, Inhalte in einer neuen Sprache anzusehen, ohne dafür viel Geld ausgeben zu müssen: im Internet! Meine Lieblings-Youtuber sind diejenigen, die sich für aktuelle Themen interessieren und gleichzeitig darauf achten, auf gefälschte Nachrichten (z.B. HugoDécrypt) oder Themen der allgemeinen Kultur (z.B. Poisson Fécond) aufmerksam zu machen. So kann man nicht nur die eigenen Sprachkenntnisse verbessern sondern auch noch dazulernen.
4. Schwerpunkt auf dem Lernen von Verben
Wenn man sich meiner Meinung nach auf EIN grammatikalisch relevantes Thema konzentrieren müsste, dann wäre es das Lernen von Verben. Das Verb ist Aktion, wir alle haben es in sehr jungen Jahren gelernt. Denkt also daran, dass ihr euch schon allein durch das Erlernen der Verben in der neuen Sprache verständlich machen (und damit kommunizieren) könnt.
5. Tandem- und Gruppenlernen
Nicht zuletzt ist es wichtig, das Sprachenlernen zu einer einzigartigen Erfahrung zu machen, die es uns ermöglicht, dem anderen näher zu kommen. Während des Forums in Otzenhausen hatten wir die Gelegenheit, das Konzept der Sprachanimation zu entdecken. Es geht darum, die Teilnehmenden zusammenzubringen, indem man innovative und unterhaltsame Aktivitäten zum gegenseitigen Kennenlernen anbietet und gleichzeitig das sprachliche Wissen verbessert. Zum Beispiel kann man mehrere Arten, "Hallo" zu sagen, lernen, indem man dieses Wort mit einer Geste assoziiert (ein "Check" der Ellenbogen, ein "Check" der Füße und so weiter). Motivierend ist auch ein Tandem-Partner. Vielleicht habt ihr die gleichen Interessen, und deshalb kommen die Gesprächsthemen wie von selbst. Dann fühlt sich Sprachenlernen nicht wie Unterricht an, sondern wie ein Gespräch mit guten europäischen Freunden.